Andrea
Lieber Helli,
dich in den letzten zwei Jahren zu unterstützen war keine Mühe, es war definitiv eine Bereicherung.
Ich vermisse unsere Gespräche, deinen Rat, deine Sichtweise, deine dir eigene, unverkennbare Art
des Humors. Du hattest immer ein offenes Ohr mit unverkennbarem Interesse für die Probleme und
Anliegen Anderer und deine Ratschläge waren wohldurchdacht. Selbst unsere Auseinandersetzungen
in kontroversen Themen, werde ich wohl vermissen. Obwohl du durchaus provokant sein konntest
und meine Hoffnung, dich überzeugen zu können, regelmäßig ins Leere liefen, warst du immer eine
Herausforderung und rhetorisch in der Lage, selbst der Berichterstattung der Medien deine dir eigene
Sichtweise aufzuprägen. Du hattest nicht nur diesbezüglich, sondern auch menschlich und charakterlich
meinen vollen Respekt.
Auch wenn du grundsätzlich die Existenz eines Jenseits kategorisch abgelehnt hast, hoffe und wünsche
ich dir, dass du doch dort ein schönes Plätzchen gefunden hast.
In dankbarer Erinnerung
Andrea
Eigentlich hatte ich über all die Jahrzehnte wenig Kontakt mit Helli. Ich muss zugeben, ich wusste lediglich, dass er ein erfolgreicher Institutsleiter war, permanent unterwegs, anfangs beruflich, später monatelang in Amerika und ansonsten auch gerne mal zurückgezogen im Privatleben. Bei den obligatorischen Familienfeiern verstand er es hervorragend, seine Anekdoten äußerst unterhaltsam unter die Leute zu bringen, wobei seine Wurzeln in einer Lehrerdynastie beziehungsweise seine Tätigkeit als Dozent unverkennbar waren.
Es brachte mich zum Schmunzeln, wenn er seine Ausgangsposition als „armer Lehrersohn“ beschrieb, dessen Mutter ihm den Zugang zur Hochschule kampfbereit ebnen musste. Umso stolzer zeigte er sich, dass sein Sohn, Steffen, und nun auch sein Enkelsohn Leon nach anfänglicher rigoroser Ablehnung erfolgreich dieser Familientradition folgten.
In den vergangenen zwei Jahren hatte ich in stundenlangen Gesprächen die Gelegenheit, neben der Erörterung des aktuellen Zeitgeschehens, historischen Analysen, politischen Diskussionen auch den persönlichen Geschichten seines facettenreichen Leben als
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15-jähriger Jungunternehmer im Schiffsmodellbau,
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Pimpf und seine Degradierung durch die Nazifunktionäre wegen despektierlichen Verhaltens, jedoch unter beharrlicher Verteidigung seines Abzeichens als medizinischen Helfer,
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Student und Erdnusserntehelfer in Amerika,
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Jura-Student in Tübingen,
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angehender Schwiegersohn und seinem respektvollen Verhältnis mit meinem Großvater, August Schaal, selbstverständlich unter Einbeziehung des gebührenden Lobes des Wohlwollens und der Kochkunst meiner lieben Oma, Lydia Schaal,
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Gründer der ersten freien Tankstelle in Schorndorf,
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Auto- und später Wohnmobil-Händler,
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Rallyefahrer mit einer unübersichtlichen Anzahl von Pokalen und Auszeichnungen,
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Autodidakt im Klavierspiel (Antrieb: Mondschein-Sonate) mit ausgeprägtem Hang zum Jazz, einschließlich der Begegnung und Freundschaft mit dem Jazzpianisten Eugen Cicero,
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Referendar und Gerichtsberater in den ersten Verkehrsprozessen,
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dem jüngsten Gemeinderat in Schorndorf,
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Kolumnist der Schorndorfer Nachrichten,
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Gründer einer Fahrschule,
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Gründer des Fahrlehrer-Ausbildungsinstituts VPI, nebst einer später aufgrund der Überregionalität durchgesetzten Umbenennung in DVPI (Deutsches Verkehrspädagigisches Institut)
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Freizeitkapitän am Bodensee,
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Gründer der BAGFA, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fahrlehrerausbildungsstätten
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Dozent und verkehrspädagogischer Berater in der Schweiz mit zeitweiligem Auswanderungsgedanken,
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Berater im Verkehrsministerium anlässlich der Novellierung der Fahrlehrer-Ausbildung sowie der Einführung des Ausbildungsberufes des Berufskraftfahrers,
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Berater der DEKRA, einschließlich der Organisation des Aufbaus der Fahrprüfungen nach der Wende in den neuen Bundesländern,
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Wohnmobilbesitzer in den USA, einschließlich der begeisterten Beschreibung der sternenklaren Nächte in der Wüste,
zu folgen, um durch ein Handyklingeln und einem „Privatwohnheim Urbach, Rentschler ist mein Name“ in den Erzählungen unterbrochen zu werden. Hinter jedem dieser Punkte stehen eine ganze Anzahl von Geschichten und Begegnungen, von denkwürdigen oder humorvollen Anekdoten. Hätte er diese niedergeschrieben, es wäre ein beachtliches, sehr unterhaltsames und amüsantes Buch seiner Memoiren entstanden.
Letztendlich waren ihm noch die regelmäßigen Kontakte und Treffen mit seinen langjährigen Weggefährden heilig, die seine letzten Jahre in angenehmer Gesellschaft, Gesprächen und Erinnerungen bereicherten.
Fürwahr, wenn jemand sein Leben gelebt hat, dann ist es Helli; und bis vor zwei Jahren an der Seite seine ihm sehr verbundene Ehefrau, meiner geliebten und verehrten Tante Sigrid, die immer seine Interessen teilte und durch ihre Kreativität, Organisationstalent und Tatendrang vieles ermöglichte.
Er war ein charismatischer Selfmademan, gefestigt in seiner unumstößlichen Meinung, wenn auch nicht wirklich immer realisierend, dass nicht jedem die gleiche Einstellung, Weltanschauung sowie eine solche Konstellation an geistigen Ressourcen, Überzeugungskraft, Unterstützung und Einflussmöglichkeit zu eigen ist.
Ohne Zweifel war Helli aber jederzeit ein objektiver Berater, ein Mentor, eine Kapazität, eine Instanz!
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